Hamza Moschee (1)

DEUTSCH-MAROKKANISCHER KULTURVEREIN e. V. in der Bergisch-Gladbacher Straße 2

Bericht und Fotos von Brigitte Milhan

In der Reihe »Religionsstätten in Köln-Mülheim« möchte ich als nächstes über meine Besuche in Moscheen unseres Veedels berichten. Da mein Blick vom Wohnzimmerfenster aus, gewollt oder auch ungewollt, auf das Gebäude der ehemaligen Tanzschule Brodesser fällt, gilt mein erster Besuch der sunnitischen Gemeinde, die vor ca. vier Jahren nach heftigen Widerständen der Parteienpolitik und der Verwaltung das Gebäude kaufen und als Gebetshaus ausbauen durfte.

Die Masjid-Hamza-Moschee, Köln-Mülheim.
Die Masjid-Hamza-Moschee, Köln-Mülheim.

Es brauchte ein bisschen Überwindung dieser Moschee einen Besuch abzustatten. Denn der gängigen Meinung, der Islam sei eine frauenfeindliche Religion, entsprachen die ausschließlich männlichen Besucher, die tagtäglich dort ein und aus gehen. Verstohlen hatte ich mir ein Kopftuch in die Tasche gestopft und gab mich mutig.


Umso erstaunter traf ich auf eine respektvolle Freundlichkeit und Offenheit, so, als habe man auf mich gewartet. Ein älterer Imam, mit schneeweißem Bart, weißem Haupthaar und in schneeweißer traditioneller Tracht gekleidet, lud mich zu einem Pfefferminztee ein, dessen Geschmack mich an meine letzte Reise nach Marokko erinnerte. Von dort, erfahre ich, aber nicht nur von dort, sondern aus der Region Nord-West-Afrikas kommen die Gemeindemitglieder der sunnitischen Gemeinde.

Der Gebetsraum.
Der Gebetsraum.

Mein Besuch fällt in die Zeit der ersten bekannt gewordenen Greueltaten des ISIS-Terrors in Syrien. Ohne danach gefragt zu haben, wird mir vehement versichert, dass dieser Wahnsinn nichts mit der Religion des Islam zu tun habe, dass der Koran zum Frieden aufrufe und jeder gläubige Moslem bestrebt sei, diesem Auftrag zu folgen.

Der Imam möchte mir die Moschee zeigen. Klein habe man in den achtziger Jahren als Gemeinde in Köln-Buchforst angefangen. Eine Zwischenstation gab es in Kalk in der auch die Räume für die ständig wachsende Gemeinde, die sich wöchentlich zu den verschiedensten Zeiten trifft, nicht mehr reichte. Der Imam führt mich durch einen Gemeinschaftsraum, in dem kleine Männergruppen im Gespräch vertieft oder einzeln bei einem Glas Tee sitzen.


Mein Kopftuch hab ich ein bisschen tiefer in meine Tasche gestopft. Dafür muss ich zum Betreten des Gebetsraumes meine Schuhe ausziehen.

 

Ich werde in einen großen weitläufigen fensterlosen Raum geführt, der mit einem flauschigen Teppich ausgelegt ist. An einer Seite ist eine Nische mit einem hölzernen Podest, meinem west-christlichen Empfinden nach die Kanzel für den Imam.

Alle Wände sind mit wunderschönen marokkanischen Kacheln gefliest. Es gibt hier und da ein paar Tische und Bänke für Diskussionsrunden und den Koran Unterricht.

Fünf mal am Tag ist der Moslem zum Gebet gehalten und am Freitagmittag kommt er zum Hauptgebet.

 

Die Männer kommen nicht nur zu den religiösen Riten. Ständig ist etwas zu hämmern, zu nageln, zu fegen und zu streichen. Vor allem das Dach braucht viele Hände. Siehe www.masjid-hamza.de

Nach dieser ersten Exkursion in einer unserer Mülheimer Moscheen muss ich  

Vorurteile, die sich bei mir eingenistet hatten, über Bord werfen. Vor allem wurde ich eingeladen, immer wieder zu kommen, die Moschee sei offen für jedermann. Doch wie geht man in diesen freundlichen Räumen mit für uns strittigen Moralvorstellungen um. Ich bitte um ein Gespräch mit einem Iman.

 

Im Blick auf meinen Plan, die Moscheen unseres Veedels zu besuchen, hab ich mir ein paar Bücher gekauft, um mich ein wenig schlau zu machen, was es an Reformansätzen in der Religionswissenschaft des Islam gibt. In dem Gefühl, ein bischen schlauer geworden zu sein, bitte ich um ein Treffen mit einem Imam.

 

Ahmed Contich, Referent für Öffentlichkeits- und Dialogarbeit, vermittelt mir das Treffen mit einem Imam der masjid-hamza-Gemeinde.

Ein Gespräch mit einem Imam

Zurückgezogener Entwurf für einen Karnevalswagen im Kölner Rosenmontagszug.
Zurückgezogener Entwurf für einen Karnevalswagen im Kölner Rosenmontagszug.

Kurz vor Karneval sitze ich zwei freundlichen jungen Männern in traditioneller Kleidung an einem Tisch im Gebetsraum gegenüber. Der eine ist ein studierter Imam, der kein Deutsch spricht, der andere sein Dolmetscher, Mohammed Lemenuar.                                                  

Ich spreche das „kölsche Problem“ des diesjährigen Karnevalzuges an. Der Dolmetscher kennt das Problem. Der Wagen von „Ich bin Charlie“ wird gestrichen, aus Angst vor Terror. Ich habe ein Foto von dem Entwurf und meine Frage lautet, ob die Angst berechtigt sei.


Die Antwort des Imam auf die Frage der Karikatur lautet:

„Man muss die verschiedenen Kulturen respektieren.“ 

Soll ich diese Antwort hinterfragen?


Ich sag mir lieber: er ist kein „kölscher Jung“ und ihm sei verziehen, dass er das kölsche „Drama“ um einen Rosemontagswagen nicht richtig einzuordnen weiß. Vom Dolmetscher kommt die beruhigende Antwort, dass alle muslimischen Gemeinden in Köln gegen terroristische Anschläge und so gegen Gewalt jeglicher Art sind. 

 

Vorsichtig frage ich, wie es zu verstehen ist, dass aus den Religionsgemeinschaften der Suniten Gewaltherde entstanden sind. Die Selbstmordattentäter sind in der Regel Suniten, Saddat aus Syrien ist Sunit, die IS berufen sich, Suniten zu sein. Der Imam gibt mir die Antwort, die ich mir selbst geben kann. In unseren drei Geschwistereligionen Judentum, Christentum und Islam sind extrem gewalttätige Einstellungen formuliert. Wie sie je nach „Jahreszeit“ missbraucht wurden, zeigt die Geschichte. Doch, so wird mir wieder versichert, ist der Islam eine Religion des Friedens und das Gebot der Gemeinde hier vor Ort gilt dem Frieden, sich zu integrieren und mit allen Menschen miteinander zu leben.


Doch ich bin noch nicht zufrieden. Wie steht es mit der Scharia? Dieses neben dem Koran verbindliche Gesetzbuch steht im Widerspruch zu den Grundsätzen unserer Demokratie. Nach Aussage der Scharia kann ein Staat nur nach ihren religiösen Gesetzen gedacht werden  In Büchern von Reformislamisten habe ich gelesen, dass es nötig ist, die Texte des Koran und auch der Scharia aus ihrer Entstehungszeit heraus zu lesen und ihre spirituelle Botschaft auf die moderne Gegenwart zu übertragen. Zu dieser Frage versagt das Verständnis meiner Gesprächspartner. Ich versuche mich an einem Beispiel. Über Internet wurde ich aufgerufen, gegen die Steinigung einer Frau in einem islamistischen Staat zu votieren. Steinigung bei Ehehbruch sieht die Scharia vor.

 

Für mich als Frau in einer westlichen demokratischen Kultur undenkbar. Man versucht mich zu beruhigen. Dieser Bestrafung gehe im Islam ein langer Prozess der Wahrheitsfindung voraus, oft Monate oder sogar Jahre lang.


Leider ist die Zeit vorbei. Zum Gebet finden sich Männer ein. Kinder toben im Rücken der Betenden. Ein kleines Mädchen fällt mir auf. Sie kniet, sie beugt sich, sie steht auf mit gefalteten Händen. 

de.wikipedia.org/wiki/Islam   
de.wikipedia.org/wiki/Scharia  
de.wikipedia.org/wiki/Sunniten

 

 

Nach der Durchsicht des oben wiedergegebenen Textes habe ich folgende Mail erhalten:

 

Guten Abend Frau Milhan,

vielen Dank für die Zusendung des Berichts. Ich freue mich sehr über Ihre Mitwirkung an einem schönen Zusammenleben der Kulturen hier in Köln.
Der Bericht ist aus meiner Sicht sehr gut und klingt aussagekräftig, deswegen sehe ich nichts gegen der Veröffentlichung.
Für Ihre Mühe bedanken wir uns – Ich und der Imam – ganz herzlich und freuen uns auf ein nettes Wiedersehen in der Moschee.

Freundliche Grüsse
Mohamed Lemenuar